Die Ursprünge der Ohrakupunktur reichen weit zurück. Schon die Chinesen nutzten die Ohrmuschel, um einzelne Körperregionen mit Hilfe der Akupunktur zu behandeln. Bereits um 900 n.Chr. waren in der chinesischen Medizin einige Ohrpunkte bekannt. Allerdings wurden diese Erfahrungen nicht weiterentwickelt im Gegensatz zur Körperakupunktur. Denn die einzelnen Ohrpunkte waren mehr ein Bestandteil der chinesischen Akupunktur und kein eigenständiges Therapiesystem.
Die Ohrakupunktur gewann erst in den 50er Jahren an Aufmerksamkeit, während sich der französische Arzt Paul Nogier damit beschäftigte. Nogier bemerkte bei einem seiner Patienten eine Kauterisationsnarbe im Ohr aufgrund einer Schmerzbehandlung bei Rückenschmerzen. Diese Behandlungsart ist aus der Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts bei Ischialgie (Schmerzen im Bereich des Ischiasnervs) bekannt. Nogier hatte die Idee, anstelle der Kauterisation (Zerstörung des Gewebes durch Ätzmittel) Nadeln zu verwenden, mit dem Ergebnis, dass er ebenfalls eine Beeinflussung der Schmerzen erzielte. In den nächsten Jahren suchte er nach weiteren Ohrpunktlokalisationen.
Nogiers Erkenntnisse wurden bald publik und auch in der chinesischen Medizin anerkannt. Die Chinesen betrachteten die Ohrakupunktur als integrativ zur bestehenden Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) und Akupunktur und nahmen an der Weiterentwicklung teil. Beide Richtungen, die französische und chinesische Schule, erarbeiteten im Laufe der Zeit unabhängig voneinander eine Ohrkarte, die eine Übersicht der Ohrpunktlokalisationen darstellt. Diese wurden Ende der 70er Jahre veröffentlicht.
So entwickelte sich die Ohrakupunktur zu einer eigenständigen Behandlungsform, geprägt von den französischen und chinesischen Einflüssen.